Die Beständigkeit der Erinnerung

Ein weiteres Bild, das ich erläutern werde ist das Bild „Die Beständigkeit der Erinnerung“, andere vielleicht auch bekanntere Überschriften sind „Die zerrinnende Zeit“ oder „Die weichen Uhren. Ich habe das Bild ausgewählt, weil es ein sehr bekanntes Bild von Dali ist, ich es sehr gut finde und ich es heutzutage oft als Poster oder Postkarte in Geschäften wiederentdecke.

Das Bild entstand 1931. Es ist mit Ölfarben auf eine Leinwand , die 24 x 33 cm groß ist, gemalt, also ein relativ kleines Gemälde.
Auf dem Bild sind merkwürdige Dinge in rätselhafter Konstellation versammelt. Es ist eine weite Landschaft zu erkennen. Der Untergrund ist relativ dunkel und wird erst in der Ferne heller und hinten rechts, wo ein schroffes Gebirge aufsteigt.
Von links schiebt sich ein brauner Klotz ins Bild. Etwas weiter hinten ragt vom linken Bildrand eine Art Brett ins Bild hinein.
Aus dem hohlen Baumstamm ragt ein einziger Ast, über dem eine silberne Uhr mit hellblauem Ziffernblatt hängt. Eine weiter Uhr liegt auf dem Klotz. Sie ist Gold mit blauem Ziffernblatt, auf dem eine Fliege sitzt. Die Zeiger zeigen kurz vor sieben. Auf dem Klotz liegt eine zweite Uhr, die rot schimmert und auf dem Gesicht liegt. Auf dem Gehäuse krabbeln Ameisen, die sich zur Mitte hin orientieren. In der Mitte liegt ein amorphes Gebilde in weißlichen Farbtönen. In dem schmalen Ende verliert das Gebilde sich in der Dunkelheit des Grundes. Es hat ein geschlossenes Augenlid mit sehr langen, feinen Wimpern, darüber sind Brauen zu erkennen. Die Nase ist im Vergleich zu dem Augen zu klein. Unter der Nase ist ein etwas rötliches Gebilde, das eine Zunge darstellen könnte. Auf dem Objekt ist ebenfalls eine weiche, silbrige Uhr.
Es gibt zwei mindestens zwei Aspekte, die den Betrachter faszinieren. Es ist die ungewöhnliche und die geheimnisvolle Gegenstandwelt. Zum anderen die naturalistische Darstellungsweise der Objekte, die keinen Zweifel an der Realität der Dinge aufkommen lässt. Die Elemente des Bildes sind bis ins kleinste Detail gezeichnet, wie z.B. das Gebirge.
Wir können selbst beim Genauesten betrachten die Objekte des Bildes nicht in unsere vertraute Welt einbinden. Es ist die Welt des Traumes, der Phantasie, des Unbewussten und der Erinnerungsfetzen.
Auf diesem Gemälde Dalis sind zwei ganz typische Dinge, die in vielen seiner Bilder eine Rolle spielen wiederzuerkennen. Zum einen sind es die Ameisen, die für Dali den Tod, die Verwesung und gleichzeitig die Begierde symbolisieren. In der Tiefenpsychologie sind sie Zeichen für bedrängende Unruhe, vor allem zwischen Geschwistern.
Eines der bekanntesten Kreationen sind wohl die weichen Uhren. Sie stehen u. a. für Vergänglichkeit. Die Uhren sollen eine Metapher für die unendlich fließende Zeit darstellen. Ein Zitat von Dali erzählt, wie er zu seiner Erfindung der kam: „Wir hatten zum Abschluss unseres Abendessens einen sehr starken Camembert gegessen, und nachdem alle gegangen waren, blieb ich noch lange am Tisch sitzen und dachte über die philosophischen Probleme des >Superweichen< nach, die der Käse mir vor Augen führte. Ich stand auf, ging in mein Atelier und machte Licht, um noch einen letzten Blick auf das Bild zu werfen, das ich gerade in Arbeit hatte, so wie es meine Gewohnheit ist.
Dies Bild stellte eine Landschaft bei Prot-Lligat dar; die Felsen lagen in einem transparenten, melancholischen Dämmerlicht, und im Vordergrund stand ein Ölbaum mit abgeschnittenen Zweigen und ohne Blätter. Ich wusste, dass die Atmosphäre, die zu schaffen mir in dieser Landschaft gelungen war, als Hintergrund für eine Idee, für ein überraschendes Bild dienen sollte, aber ich wusste noch nicht im mindesten, was es sein würde. Ich wollte schon das Licht ausknipsen, da sah ich plötzlich die Lösung. Ich sah zwei weiche Uhren, von denen die eine klärglich über dem Ast des Ölbaums hing. Obwohl meine Kopfschmerzen so stark geworden waren, dass sie mich sehr quälten, bereitete ich gierig meine Palette vor und machte mich an die Arbeit. Als Gala zwei Stunden später aus dem Kino zurückkehrte, war das Bild - es sollte eines meiner berühmtesten werden - vollendet. Ich liess sie sich mit geschlossenen Augen davor hinsetzen und zählte: ´Eins, zwei, drei, mach die Augen auf!´ Ich blickte gespannt auf Galas Gesicht und sah darauf die unverkennbare Mischung aus Staunen und Hingerissenheit. Dies überzeugte mich von der Wirksamkeit meines neuen Bildes, denn Gala irrt nie, wenn es darum geht, die Echtheit eines Rätsel einzuschätzen...„
Die Zeit und der unendlich sich dehnende Raum sollen kontrapunktisch gegen die Erinnerung, die der Mensch nie verlässt, die ihn begleitet, ihn fesselt, ihn vielleicht belastet, ihn bedrängt und die nicht verfließt in Zeit und Raum.
Bei der Interpretation des Bildes ist auch auf den Titel „Die Beständigkeit der Erinnerung“ von Bedeutung. Dali hatte nämlich einen Bruder, der schon vor der Geburt des Malers gestorben ist. Sein Name war auch Salvador Felipe Jacinto und Dali hatte das Gefühl das er eine art Ersatz war. Er war immer auf der Flucht vor diesem Bruder und suchte nach seinem eigenen Ich. Mit dem Titel will Dali vielleicht deutlich machen, das er sich immer daran erinnern wird, dass seine Eltern ihn, seiner Meinung nach, vermittelt haben, der Ersatz zu sein.






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